Manipulation der Meinungsbildung

Das Weglassen von Nachrichten ist eine mächtige Form der Manipulation. „Der Spiegel“ ist Deutschlands einflussreichstes Nachrichtenmagazin und trägt hauptsächlich zur Meinungsbildung der Deutschen bei. Sein Internetableger „Spiegel Online“ schweigt seit einer Woche zu den aktuellen Enthüllungen in Brasilien, welche die offizielle Begründung für das Amtsenthebungsverfahren der Präsidentin Dilma Rousseff in einem äußerst zweifelhaften Licht erscheinen lassen. Die Audiomitschnitte von Gesprächen eines Ex-Ölmanagers, der eine Kronzeugenregelung mit der Staatsanwaltschaft vereinbart hat, mit hohen Amtsträgern wie zwei Ministern des neuen Kabinetts, dem Vorsitzenden des Senats sowie einem Ex-Staatspräsidenten Brasiliens beweisen, dass die Motivation für die Amtsenthebung nicht „Haushaltsmanipulationen“ Dilma Rousseffs ist. Tatsächlich ist es der bisher erfolgreiche Versuch hochrangiger brasilianischer Politiker, sich der Strafverfolgung der Staatsanwaltschaft wegen Korruptionsvorwürfen zu entziehen, welcher zur augenblicklichen Suspendierung der Präsidentin geführt hat.

Die Gesprächspartner des Ex-Ölmanagers reden sich in den Mitschnitten um Kopf und Kragen. Der Planungsminister Jucá wurde  wegen der Enthüllungen bereits nach zwei Wochen im Amt von diesem wieder entbunden. Derzeit fordern Berater des Interimspräsidenten Michel Temer, dass er auch dem Transparenzminister (ja, solche Ministerien gibt es in Brasilien) wegen seiner Kritik am Generalstaatsanwalt in den Audiomitschnitten den Rücktritt nahelegen sollte. Unterdessen verteidigt der Senatsvorsitzende Renan Calheiros seine Äußerungen zur Abschaffung der Kronzeugenreglung in den mitgeschnittenen Gesprächen als „politische Meinung“. Ausgerechnet der Senat wird letztendlich über die endgültige Amtsenthebung Dilma Rousseffs entscheiden. Die überwältigende Mehrheit im Abgeordnetenhaus sowie im Senat, die für die Einleitung bzw. Fortführung des Amtsenthebungsverfahrens gestimmt hat, ist in diesem Licht betrachtet ein Hinweis auf die Wirksamkeit der Maßnahmen der derzeit suspendierten Präsidentin zur Aufarbeitung des Korruptionsskandals sowie auf die Verbreitung der Korruption im brasilianischen Nationalkongress.

Während seit einer Woche kaum ein anderes Thema die Titelseiten der brasilianischen Zeitungen, auch die der Rede Globo-Presse, ziert, berichtet Spiegel Online über eine Massenvergewaltigung und über die  Gefahr des Zika-Virus für die Olympischen Spiele in Brasilien. Nicht, dass dies keine wichtigen Nachrichten wären, doch es sind eben nicht die Breaking News, die das Land gerade in Atem halten.

Wer Mainstream-Medien in Deutschland verfolgt, kann den Eindruck bekommen, das Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff wegen Korruptionsvorwürfen des Amtes enthoben wird, weil dies teilweise genau so berichtet wird. Dies ist jedoch faktisch falsch. Wenn dann auch noch Nachrichten über Beweise weggelassen werden, welche die Motivation der Betreiber des Amtsenthebungsverfahrens, die selber mit schweren Korruptionsvorwürfen konfrontiert oder im Ausland bereits de facto der Korruption überführt sind, entlarven, dann muss man an der Neutralität und Unabhängigkeit deutscher Mainstream-Medien wie dem Spiegel ernsthaft zweifeln.

Wer sich ein anderes, vielleicht auch neutraleres Bild von den Vorgängen in Brasilien machen möchte, empfehle ich folgende Links:

2 Gedanken zu „Manipulation der Meinungsbildung

  1. Gestern noch hatte Interimspräsident Michel Temer entschieden, dass sein Transparenzminister, der für die Aufklärung der Korruption in der brasilianischen Politik verantwortlich ist, im Amt bleiben soll. Heute kam die Meldung, dass er zurückgetreten ist. Zu peinlich waren die Enthüllungen über ihn, die deutlich machten, dass er gar nicht vorhat, Korruption zu bekämpfen.

  2. Heute, nach acht Tagen Verzögerung, die erste Meldung auf Spiegel Online, in der allerdings nicht deutlich wird, dass insbesondere die PMDB rund um den Interimspräsidenten Temer in den Korruptionsskandal verstrickt ist.

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