Barhopping in São Sebastião

Gegen 19.30 Uhr breche ich mit dem Wagen auf, um Pritt im Santa Fe abzuholen. Gemeinsam wollen wir meinen Freund Hamilton treffen, den ich vom Schwimmen kenne. Ich fahre die Avenida do Sol, die Sonnenallee, entlang. Rechts und links der Straße reiht sich ein Condomínio an das nächste. Hinter den mit Stacheldraht gespickten hohen Mauern der Gated Communities leben fast ausschließlich weiße und hellhäutige Brasilianer. Sie haben ihre Kindheit auf teuren Privatschulen verbracht, studiert und arbeiten als leitende Angestellte in Unternehmen und Regierungsorganisationen der Hauptstadt. Dunkelhäutige Menschen sieht man dort vorwiegend zu Fuß unterwegs, auf dem Weg zu und von den Häusern, in denen sie ohne geregeltes Arbeitsverhältnis putzen, den Garten pflegen, die Kinder weißer Familien hüten oder auf Baustellen arbeiten.

Nach zehn Minuten Fahrt über unzählige Bremsschwellen erreiche ich die Hauptstraße am Jardim Botânico, eine lokale Shoppingmeile, wo die Bewohner der Condomínios ihre Einkäufe tätigen. Das Santa Fe, eine Bar mit dem Charme von Lokalitäten, die man in Deutschland in Shopping Centern antrifft, befindet sich auch dort. Die Hochglanzkneipe besticht durch sterile Atmosphäre, Bedienstete in uniformer Kleidung und Live-Musik gespielt von professionellen Coverbands. Hier kann man an gut besuchten Abenden frisch rasierte 50-jährige Familienväter in pinken Polohemden zur Musik von Pink Floyd abrocken sehen.

Pritt wartet schon auf mich und raucht eine Zigarette. Ich kenne ihn über Sylvia. Er ist sieben Jahre jünger als ich und arbeitet freiberuflich für die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, allerdings in Uganda. Er wohnt in Brasília, weil seine Frau wie Sylvia für die GIZ in Brasilien arbeitet. Hin und wieder fliegt er nach Afrika und trifft sich mit seinen Auftraggebern, um über Shitflow-Management, seinem Beratungsgebiet, zu sprechen. Ja, genau, Pritt macht in Scheiße. Besser gesagt, in deren Entsorgung und Aufbereitung. Studiert hat er in Deutschland. Sein Studium hat er sich als Koch in einem indischen Restaurant finanziert.

Während wir vor dem Santa Fe stehen und Pritt seine Zigarette raucht, tritt ein vollkommen betrunkener Gast der Kneipe auf mich zu und beginnt, mich ohne Anlass über sein Auto vollzulabern. Ich glaube, er will es mir verkaufen. Dabei legt er seine Hand an meinen Hinterkopf und zieht mich zu sich heran, bis unsere Köpfe sich berühren. Ich blicke Pritt hilfesuchend an. Er drückt seine halbfertige Zigarette aus und sagt: „Let‘s go.“ Im Auto ergänzt er in seinem typisch indischen Akzent: „Saturday night. People get drunk.“

Wir fahren die sechsspurige Hauptstraße hinunter nach São Sebastião, eine der Satellitenstädte Brasílias. Vor uns breitet sich ein Meer an Straßenlichtern aus, das fast bis zum Horizont reicht. Kaum zu glauben, dass der Ort vor 25 Jahren noch ein kleines Dorf war. Unverputzte, maximal zweistöckige Häuser säumen die breite Straße, die uns zum Zentrum der Stadt führt. Wir passieren dieses und biegen stadtauswärts rechts ab, um in eine der „Communidades“ – ein besseres Wort für Favela – der Stadt zu fahren, wo Hamilton wohnt. Pritt wollte mich unbedingt begleiten, als ich davon erzählte, dass ich mit Hamilton eine Kneipentour durch das „echte“ Brasilien machen wollte. Doch als ich wiederum abbiege, um in ein dunkles, wenig beleuchtetes Viertel mit staubigen und buckeligen Erdstraßen zu fahren, wird er auffällig ruhig und muss schlucken. Er kennt Slums aus seiner Heimatstadt Mumbai, die er noch immer Bombay nennt, und kann sich ebenso wie ich kaum von dem Klischee befreien, dass diese Orte für augenscheinlich gutbetuchte Menschen wie uns gefährlich sein können.

Immer tiefer fahren wir in die Favela hinein. Rechts und links der mit Müllbeuteln gesäumten Straße sind hin und wieder dunkel- bis schwarzhäutige Bewohner zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs und schielen auf das Nummernschild unseres Autos. Ich habe Sylvias Wagen mit dem blauen Diplomatenkennzeichen genommen, weil meiner in Reparatur ist. Dann biegen wir nochmals in eine Seitenstraße ab. Müll stapelt sich auf dem unebenen Weg. Auch in der Favela sind die einzelnen Häuser hinter hohen Mauern und blickdichten eisernen Toren verborgen. Da die Grundstücke nicht besonders groß sind, sind die Mauern auf beiden Seiten der Straße durchgehend. Die Favela ist auf dem Land einer ehemaligen Fazenda erbaut worden, das nie offiziell als Bauland ausgeschrieben wurde. Es gibt zwar vereinzelt Straßenlaternen, doch die Bewohner zapfen die Elektrizitätsversorgung ihrer Häuser illegal ab. Wasser kommt aus lokalen Brunnen, Trinkwasser müssen die Bewohner in Geschäften kaufen.

Wir halten vor einem der Eisentore und steigen aus. Hamilton hat die in dem Tor eingelassene Tür bereits geöffnet, so dass wir eintreten können. Er ist allein zu Haus und empfängt uns in seiner stets gut gelaunten Art. Seine Frau und seine 18-jährige Tochter sind auf einem Familienfest. Hamilton ist vier Jahre jünger als ich und arbeitet bei den öffentlichen Verkehrsbetrieben, wo er 2.000 Real im Monat verdient, umgerechnet ca. 600 Euro. Er sagt, die Leute, die in den Condomínios als Gärtner oder Putzhilfe arbeiten, verdienen mehr als er, haben aber keine soziale Absicherung. Früher hat er als Moto-Boy Pizzas ausgeliefert und als LKW-Fahrer gearbeitet. Seine Karriere bei den Verkehrsbetrieben begann als Schaffner im Bus. Derzeit arbeitet er in der Nachtschicht auf dem Bushof und wartet auf eine Beförderung zum Busfahrer. Da sein Einkommen nicht zum Leben für die ganze Familie ausreicht, arbeitet seine Frau als Kassiererin im Supermarkt. Seine Tochter macht derzeit eine Ausbildung zur Arzthelferin, muss aber nebenbei einen Aushilfsjob machen, um sich die Ausbildung zu finanzieren.

Wie in jedem brasilianischen Haus läuft der Fernseher durchgehend und steht im Zentrum der bescheidenen Wohnküche. Da Pritt kein Wort Portugiesisch spricht, muss ich unsere Unterhaltung übersetzen, denn Hamilton spricht seinerseits kein Englisch, obwohl er es in der öffentlichen Schule mehrere Jahre gelernt hat. Der Qualitätsunterschied zwischen den kostenlosen öffentlichen und den teuren Privatschulen in Brasilien ist so eklatant, dass Absolventen von öffentlichen Schulen so gut wie nie die Aufnahmeprüfung zu einer Universität schaffen.

Während der obligatorischen Hausführung will Pritt wissen, ob Hamilton eine offizielle Besitzurkunde für seinen Grund und Boden hat. Natürlich verfügt er nur über ein Dokument, das nachweist, dass das Grundstück irgendwann einmal von dem Fazenda-Besitzer erworben wurde. Eine offizielle Registrierung gibt es nicht. Nach dem Gesetz sind alle Häuser in der Favela rechtswidrig gebaut worden. Im Gegensatz zu den Häusern, die von Landbesetzern auf öffentlichem oder privatem Grund errichtet worden sind, ist es jedoch sehr unwahrscheinlich, dass diese Favela abgerissen wird. Eine Garantie gibt es jedoch nicht.

Das Haus selbst ist klein und bescheiden. Neben der Wohnküche gibt es noch zwei weitere Zimmer und ein Bad. Die Wände sind zum Teil unverputzt, das Dach ist bis auf das Schlafzimmer nicht isoliert. In ein bis zwei Metern Abstand vom Haus befindet sich die fast drei Meter hohe Mauer, die das gesamte Grundstück umgibt. Die gesamte Fläche entspricht ungefähr einem der drei offenen Wohnbereiche des Anwesens, in dem Pritt und seine Frau wohnen, weil sie nichts Kleineres gefunden haben, und dessen Miete allein dem dreifachen Einkommen Hamiltons entspricht.

Wir trinken ein Bier und steigen dann ins Auto, um in ein Lokal außerhalb der Favela im Zentrum von São Sebastião zu fahren. Wir landen in einem Etablissement mit vier Billardtischen, einer Theke und der obligatorischen Inneneinrichtung aus Plastiktischen und Stühlen. Wir bestellen Bier und spielen eine Partie. Die Atmosphäre ist sehr entspannt und vergleichbar mit den Kneipen, in denen ich in Deutschland verkehre. Klar, es gibt auch Unterschiede. Ein junges Pärchen hat sein Kleinkind dabei, das im Arm der Mutter schläft. Ein Mädchen einer Gruppe junger Gäste sieht so minderjährig aus, dass Pritt die Frage stellt, ob es in Brasilien so etwas wie Jugendschutz gibt. Hamilton erklärt, dass das Mindestalter für Kneipen 18 Jahre beträgt, dass dies jedoch nicht überwacht wird. Der größte Unterschied für mich ist jedoch mein Exotenstatus. Einer der zwei Kellner hat eine etwas hellere Haut. Ansonsten bin ich der einzige Weiße mit hellem Haar im Raum. Pritt mit seiner dunklen Haut und seiner dunklen Haarfarbe fällt unter den vielen Gästen mit sichtbar jüngeren afrikanischen Genen kaum auf. Ich stelle hingegen so eindeutig die Schicht reicher, weißer Brasilianer dar, dass der Obdachlose, der das Lokal betritt, um vom Wirt die leeren Bierdosen und Flaschen einzusammeln, nur mich anspricht, um einen Schnaps zu erbetteln. Ich biete ihm ein Glas von meinem Bier an, und er trinkt es in einem Zug aus. Auf dem Weg nach draußen stolpert er und lässt seinen Eimer mit den Dosen und Flaschen fallen.

Unsere Stimmung löst sich im Laufe des Billardspiels. Hamilton fragt, wie das indische Wort für „Prost“ lautet. Pritt erwidert, dass es ein solches Wort nicht gibt. Stattdessen taucht er zwei Finger in sein Bierglas und schnippst jeweils einmal nach oben, nach unten, nach rechts und nach links und sagt, dass sei ein Opfer an die vier Elemente Himmel, Erde, Wind und Wasser. Hamilton macht es ihm gleich uns schnippst mir dabei Bier ins Gesicht. Wir lachen.

Als das Lokal sich leert, beschließen wir weiterzuziehen. Pritt hat unterwegs ein Straßencafé am Eingang der Favela entdeckt, wo seiner Erinnerung nach jamaikanische Musik gespielt wurde. Als wir dort ankommen, stellen wir jedoch fest, dass es sich um Forró handelt. Denkt man an Brasilien und Musik, fällt einem spontan der Samba ein. Doch das südamerikanische Land ist so anders, als der Tourist es sich vorstellt und in den großen Städten an der Küste vielleicht auch erlebt. Forró ist im Gegensatz zum Samba oder dem Bossa Nova allgegenwärtig im Radio, auf Straßenfesten und großen Tanzveranstaltungen. Traditionell wird der eintönige Musikstil im 4/4-Takt stets mit Trommel, Triangel und Akkordeon gespielt. Die Band in dem Straßenlokal mit weißen Plastiktischen und Stühlen sowie Energiesparlampen-Beleuchtung hat die klassischen Instrumente jedoch durch einen Synthesizer ersetzt und einen E-Gitarristen hinzugefügt. Der Sänger fungiert gleichzeitig als Vortänzer, der sich im Publikum tummelt. Die einfache Musik, bei der sich für mich jedes Stück gleich anhört, passt zur Einfachheit der Gäste. Ein Kerl in weißem Hemd steht am Rand der kleinen Tanzfläche und ist so betrunken, dass er sich an einem Stuhl festhalten muss, um nicht umzukippen. Die meisten Frauen sind übertrieben geschminkt und haben unansehnliche dicke Bäuche, welche die Folge von der täglichen Ernährung mit den günstigen brasilianischen Grundnahrungsmitteln Reis und Bohnen sind. Wir versorgen uns in einem angrenzenden Kiosk mit Getränken, und zumindest Pritt und ich staunen über die Freak-Show, die sich unserer Auffassung nach vor unseren Augen abspielt. Ich frage Hamilton, seit wann es den Forró in Brasilien gibt. „1000 Jahre“, antwortet er scherzhaft. „Ich wurde geboren, da gab es schon den Forró.“ Ich versuche gedanklich einen Vergleich anzustellen. Mir fällt nur der deutsche Schlager ein.

Lange halten wir die Atmosphäre und die Musik nicht aus. Wieder steigen wir ins Auto und fahren zurück ins Zentrum. Wir lassen uns in einem Etablissement, das bis Mitternacht frittiertes Essen serviert, nieder und essen eine Kleinigkeit. Celia und Camilla, Hamiltons Frau und Tochter, kommen kurz auf ihrem Rückweg vom Familienfest vorbei und begrüßen uns. Nachdem sie weitergefahren sind, fragt Hamilton Pritt, welche Art von Kneipe er bevorzugt. Pritt antwortet halb scherzhaft: „A hole in the wall, where you can order beer.“ Ich schlage vor, auf dem Weg zurück zu Hamiltons Haus eine Kneipe in der Favela aufzusuchen. „Copo sujo“, sagt unser Bar-Guide laut lachend. Gesagt, getan. Keine 500 Meter von seinem Heim entfernt finden wir noch ein geöffnetes Lokal, das Hamilton „Copo sujo“ – dreckiges Glas – genannt hat. Die Bezeichnung steht synonym für eine Kneipe der unteren Kategorie. Weitere Abstufungen sind „Pé sujo“ – dreckiger Fuß – und „Cu sujo“ – dreckiger Arsch.

Als wir den Raum mit rohem Putz an den Wänden betreten, stellen wir fest, dass sich Pritts Wunsch erfüllt hat: keine Stühle, keine Tische, zwei abgewrackte Billardtische und ein Loch in der Wand, das als Theke fungiert. Dahinter ein betrunkener Wirt sowie ein Kühlschrank, aus dem das Bier kommt. Tatsächlich können wir an der Wand hinter der Theke eine Halterung erkennen, an der eine Reihe völlig verstaubter Biergläser hängt.

Bis auf zwei weitere betrunkene Gäste ist der Raum menschenleer. Da ich den Abend über hauptsächlich Cola und Guaraná getrunken habe, fällt mir der Zustand der Anwesenden besonders auf. Einer der Gäste, der sich uns mit dem Namen Dario vorstellt, ist eine Kollege Hamiltons. Er arbeitet als Schaffner im Omnibus und beschwert sich mir gegenüber lauthals über den Zustand der brasilianischen Gesellschaft. Sicher, er mag betrunken sein, und in seinen Worten spiegelt sich der Frust eines Fahrkartenkontrolleurs wieder. Doch er drückt das aus, was die meisten Brasilianer der unterprivilegierten Klasse denken: „Ich bin jetzt 50 Jahre alt. Seit ich ein Kind war, erzählen mir die Politiker, dass alles besser werden wird. Doch nichts wird besser! Den armen Brasilianern mangelt es an guter Ausbildung, Essen und Geld, während die Reichen sich die Taschen vollstopfen.“

Vermutlich läuft auch bei ihm der ganze Tag der Fernseher. Denn was er übersieht, ist die Tatsache, dass die Arbeiterregierung unter den Präsidenten Lula und Rousseff, die das Land von 2003 bis 2016 regiert haben, sehr wohl deutlich sicht- und spürbare Verbesserungen für die arme Bevölkerung vorgenommen hat. In jeder kleineren Stadt gibt es mittlerweile kostenlose Krankenstationen sowie kostenlose öffentliche Sporteinrichtungen mit Fußballplätzen, Turnhallen und Schwimmbädern. Mit dem Programm „Bolsa Familia“ wurde so etwas wie Sozialhilfe für arme Familien eingerichtet und damit der Hunger im Land beseitigt. Unzählige neue Siedlungen mit billigem Wohnraum wurden mithilfe eines sozialen Wohnungsbauprogramms errichtet. Doch folgt man der öffentlichen Meinung, sind Lula und Rousseff korrupte Verbrecher, während der derzeit nicht gewählte Präsident, der die ehemalige Präsidentin Dilma Rousseff mit fadenscheinigen Begründungen weggeputscht hat, dem jedoch selbst bereits Korruption nachgewiesen wurde, im Eiltempo die Arbeitszeit verlängert, die Sozialhilfe kürzt, Schutzgebiete abbaut, die Rechte der Indigenen beschneidet und Teile des Landes und der Schürfrechte an ausländische Firmen verkauft – alles zur „Rettung der Wirtschaft“, wie er behauptet.

Mittlerweile ist es ein Uhr, und an den Blicken von Hamilton und Pritt kann ich erkennen, dass der Genuss von Alkohol auch an ihnen nicht schadlos vorübergegangen ist. Wir zahlen, verlassen die Kneipe, die hinter uns schließt, und bringen Hamilton nach Hause. Danach fahre ich auch Pritt noch heim. Als wir die Wachen am Eingang des Condomínios, in dem er mit seiner Familie wohnt, passiert haben, fällt uns beiden der große Unterschied zwischen dem Leben in der Satellitenstadt und der Gated Community auf. Während das Leben in der Stadt sich auf der Straße abspielt und auch in der Favela im Dunkeln noch Menschen außerhalb der Häuser unterwegs sind, wirken die Straßen im Condomínio steril und ausgestorben. Meine erste Assoziation ist „Friedhof“. Nur die Wachen auf ihren Mopeds, die rund um die Uhr Streife fahren, lassen darauf schließen, dass hinter den Mauern Menschen wohnen.

Die brasilianische Gesellschaft ist in strikte Klassen unterteilt, die zudem einen deutlichen rassistischen Beigeschmack haben, ohne dass dies den Brasilianern besonders bewusst ist. In meinen Gesprächen mit Nachbarn in unserem Condomínio habe ich erfahren, dass die Reichen die Armen fast alle für Kriminelle halten. Manche behaupten, es wäre pures Glück gewesen, dass wir auf unseren Reisen mit Übernachtungen im Freien noch nicht überfallen worden sind. Ihr Wissen beziehen sie aus dem Fernsehen und den Zeitungen, in denen regelmäßig über die hohe Kriminalitätsrate in ihrem Land berichtet wird. Eine Favela oder ein Indigenendorf haben die wenigsten Brasilianer der Mittel- und Oberschicht persönlich von innen gesehen.

Wie in fast allen anderen Ländern auf der Erde ist es das Fernsehen, das die verärgerten Massen ruhig stellt. Das Fernsehen und die übrigen Medien in Südamerika werden von dem Medienunternehmen Grupo Globo beherrscht, dessen Eigentümer die weiße Milliardärsfamilie Marinho ist. Es flüstert den Menschen leise Parolen ein: „Der Markt braucht keine Reglementierung, denn die Regeln des Marktes sind wie Naturgesetze. Es gibt keine Alternative zum freien Markt. Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es auch dir gut. Wenn du dich anstrengst, kannst du aufsteigen, und dann geht es dir besser. Es gibt keine Klassen, sondern nur Individuen. Konsumieren macht glücklich. Die Reichen haben ihren Reichtum verdient. Wenn es dir schlecht geht, bist du selber schuld.“

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