100 Kilometer Sand und Lehm

Die Abkürzung entpuppte sich natürlich als Scheinabkürzung. Ich landete auf einer Hochebene, auf der auf circa 500 Höhenmetern industrielle Landwirtschaft betrieben wurde. Die Straße bestand aus Sand und Lehm, teilweise in gutem Zustand. Ich kurvte ungefähr 30 Kilometer auf Sandstraßen herum, bis ich so etwas wie die Hauptstraße entdeckte. Mein Navi zeigte 126 Kilometer bis zur nächsten Abbiegung. „Okay“, sagte ich mir. „Hier ist wenigstens nicht so viel Verkehr.“

Die Straße aus festgefahrenem Lehm und losem Sand, teilweise mit gröberen Steinen gespickt, war mittelgut bis schlecht. Ich konnte zwischen 50 und 70 km/h fahren. Ich überholte eine Reihe von LKWs, die mit gerade einmal 20 bis 30 km/h unterwegs waren. Schnell gerechnet: Bei dieser Geschwindigkeit braucht man vier bis sechs Stunden für eine Strecke von 120 Kilometern. Scheiß Job! Das Ganze erinnerte mich an unsere Fahrt durch Kasachstan, wo wir mit unserem Bus nicht schneller und teilweise langsamer unterwegs waren als die LKWs. Danke, Toyota, für den Fahrkomfort. Ich werde jeden Abend eine Kerze anzünden, um deinen Ingenieuren zu huldigen.

Ich machte etliche Videoaufnahmen, die jedoch nur annähernd die Weite und die Entfernungen wiedergeben können. Die Aufnahmen veröffentliche ich, sobald Bandbreite vorhanden ist.

Die letzten 50 Kilometer der Strecke waren gnädigerweise Asphalt. Diesen Fahrbahnbelag lernt man erst zu schätzen, wenn mehrere Stunden auf losem, holprigen Untergrund unterwegs war.

Nachdem ich das Anbaugebiet verlassen hatte, änderte sich auch wieder die Landschaft. Es wieder ging abwärts auf 250 Höhenmeter, es wurde hügeliger und die Landschaft wurde strauch- und baumreicher. Dann landete ich wieder auf der BR-135, von der ich zuvor abgefahren war. Sie war neu asphaltiert und extrem gut ausgebaut. Ich fuhr noch eine ganze Weile und bemerkte, dass die Siedlungen immer weniger wurden. Die Landschaft war sehr trocken. Ich überquerte einige Flussbette, die vollkommen wasserlos waren. Ein Blick auf den Navi verriet mir, dass ich mich auf etwas mehr als 100 Höhenmetern befand.

Ich suchte mir einen Schlafplatz abseits der Landstraße, indem ich einige Kilometer einer leicht verwilderten Sandstraße folgte. Allradantrieb, ich danke dir! Den Sonnenuntergang betrachtend, wurden mir gewisse Zusammenhänge zwischen Besiedlung und Landwirtschaft klar: Alles, was über 500 Metern Höhe liegt, flach und trocken ist, wird in Brasilien für industrielle Landwirtschaft genutzt. Hier sind kaum Menschen zu finden. Alles, was über 250 Metern liegt, hügelig und damit wasserführend ist, wird von traditionellen Kleinbauern bewirtschaftet. Hier findet man entlang der Straße eine Siedlung nach der anderen. An meinem Schlafplatz auf 100 Höhenmetern ist es sehr flach und trocken. Die Landschaft kann man als Steppe bezeichnen. Hier wird höchstens lockere Viehzucht betrieben.

Die Nacht war sehr ruhig und erholsam. Es kühlte bis zum Morgen tatsächlich auf 25 Grad ab. Gut, dass es fast gar keine Insekten gab. So konnte ich wenigstens alle Fenster offen lassen.

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