Foto-Safari II

Ein typischer Alltag während der Dschungelprüfung: Aufstehen, Frühstück (Früchte, Brot und Fisch), Fertigmachen zur Abfahrt. Mit dem Kleinboot inklusive Moped-Außenborder über Stromschnellen einen kleinen Nebenfluss hinauf. Waldwanderung mit Adlersichtung.

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Unser Führer an diesem Tag war Nazaré, einer der Caboclo-Brüder. Er führte uns über einen ehemaligen Waldarbeiterpfad. Ehemalig, da das Gebiet heute zum Nationalpark Jaú gehört. Nazaré und sein Bruder Ari leben noch in dem Park, was keine Selbstverständlichkeit ist. Ihre Anwesenheit wird toleriert, sie müssen sich jedoch strengen Auflagen unterwerfen.

Unter anderem führte er uns an eine Stelle, wo früher Kautschuk gewonnen wurde.

Die Rinde des Kautschukbaums wird in der Früh an einer Stelle leicht verletzt und das Kautschuk über den Tag mit einem Eimer aufgefangen. Am Ende des Tages kann man es dann ernten.

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Mitten im Wald, ca. 130 km bzw. eine Tagesreise von dem nächsten Ort, Novo Airão, entfernt stießen wir auf dieses Grab. Beerdigt liegt hier ein Waldarbeiter, der es auf Grund einer Verletzung oder einer Krankheit nicht geschafft hat, einen Arzt zu erreichen.

Die Wanderung dauerte den Vormittag. Mittags ging es zurück zum Haus von Ari und Nazaré, wo wir übernachtet hatten. Nach dem Mittagessen (Fisch, Reis und Bohnen) ging es erneut los mit Vermelhinhos Schnellboot, diesmal, um auf den den Nebenarmen des Rio Jaú nach Tieren Ausschau zu halten.

Wo sind die Tiere, fragt man sich natürlich. Wie bereits erwähnt, machen sie sich am Amazonas und Rio Negro sehr rar. In der Dunkelheit haben wir dann doch einige Kaimane aufstöbern können. Zum Fotografieren war es dann jedoch schon zu dunkel. Doch die bizarre, von dem großen Unterschied der Wasserstände geformte Landschaft und Vegetation hatte auch seinen eigenen, morbiden Reiz.

Im Dunkeln ging es dann zurück zum Abendessen (Fisch, Reis und Bohnen).

Bis morgen.

Foto-Safari I

Wie steht es so schön in Sylvias Reiseführer? Das Pantanal ist so, wie man sich den Amazonas vorstellt. Während man im Pantanal an jeder Ecke über Alligatoren und Riesenmeerschweinchen stolpert sowie riesige Fischreiher regelmäßig durch das Bild fliegen, macht sich die Tierwelt am Amazonas recht rar. Ich bin ja eh der Meinung, dass man in den Dokumentationen von David Attenborough die Tiere viel besser beobachten kann, als in einer direkten Begegnung, die häufig eher zufällig und kurz verläuft.

Trotzdem ist der Amazonas-Regenwald sehr beeindruckend. Da ist zunächst einmal seine schiere Größe: Der Regenwald liegt zu 60 Prozent auf dem Gebiet Brasiliens und umfasst die Hälfte des brasilianischen Territoriums. Er macht die Hälfte des auf der Erde verbliebenen Tropenwaldes aus. Die Fläche des Amazonasbeckens beträgt knapp 7 Millionen Quadratkilometer, stellt damit knapp 39 Prozent der Fläche Südamerikas und ist fast 20 mal größer als Deutschland. Läge das Gebiet in Europa, nähme es 70 Prozent der gesamten Fläche des Kontinents ein. Da kann man sich schnell verlaufen.

Hauptverkehrswege sind die Flüsse. Das versteht man erst, wenn man die immense Differenz zwischen Hoch- und Niedrigwasser bewusst wahrgenommen hat, die am Rio Negro bis zu 19 Meter beträgt. Zwar gibt es in Amazonien keine richtige Trockenzeit – sonst hieße das Gebiet ja auch nicht Regenwald, doch es gibt Zeiten mit mehr und weniger regelmäßigen Regen. Auf unseren Fotos kann man immer wieder gut erkennen, dass die Häuser der Flussbewohner auf Anhöhen liegen. Das liegt daran, dass wir bei Niedrigwasser dort waren. Während des Hochwassers liegen sie direkt am Ufer. Das bedeutet, dass fast die gesamte Landschaft, die man auf den folgenden Bildern sehen kann, in den Zeiten hohen Wasserstandes verschwunden ist.

Eine unserer Haltestellen war ein verlassenes Dorf, Velho Airão, von dem es heißt, dass die Ameisen die Einwohner gefressen hätten.

Fortsetzung folgt…

Leben wie ein Caboclo

Caboclos – so nennen sich die Mischlinge aus Indigenen und Europäern, welche die Ufer des Amazonas und seiner Nebenflüsse bewohnen. Zusammen mit den anderen, nicht-indigenen Flussbewohnern bilden sie die Bevölkerungsgruppe der Ribeirinhos (Uferbewohner).

Unsere Prüfung beinhaltete, dass wir mit einem dieser Caboclos und seinem Boot vier Tage den Rio Negro und seine Nebenarme befahren und gemeinsam mit ihm und anderen Uferbewohnern leben sollten. Vier Tage, das klingt kurz. Vier Tage können aber auch sehr lang sein, wenn man fehlende sanitäre Einrichtungen, Insektenbisse sowie die unglaubliche Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit am Amazonas, welche dafür sorgen, dass man selbst nachts in seinem eigenen Schweiß badet, berücksichtigt.

Die erste Sonderprüfung bestand aus einer nächtlichen, 10-stündigen Bootsfahrt vom Porto Sao Raimundo in Manaus nach Novo Airao, wo wir unseren Reiseführer treffen sollten. Wir hätten natürlich auch die Straße mit einem kaum teureren Taxi oder einem gleich teuren Bus nehmen können, welche für die Strecke gerade einmal zwei Stunden benötigen. Doch das wäre unsportlich gewesen.

Die Ribeirinhos ziehen das Schiff dem Bus vor, weil sie zum einen den Straßen misstrauen und zum anderen die Nacht auf dem Schiff schlafen und tagsüber ihre Geschäfte in Manaus erledigen können. Für uns Touristen, die eher klimaanlagengekühlte Hotelzimmer gewohnt sind, verlief die Nacht in der Hängematte eher unkomfortabel und schlaflos.

Ziemlich gerädert kamen wir am Morgen in Novo Airao an und trafen dort unseren Reiseführer Vermelhinho („Vermelhinho“ ist die Verkleinerungsform von „Vermelho“ – „Rot“ und bedeutet daher so viel wie „Rötchen“).

vermelhinho

Dieser hatte sich einen Monat zuvor mit der Kettensäge ins Knie gesägt und dabei sein Kreuzband durchtrennt sowie Teile der Kniescheibe weggefräst. Doch Indianer kennen keinen Schmerz und deren Abkömmlinge sowieso nicht. Daher humpelte er selbst mit Gepäck und auf Flip-Flops ziemlich tapfer durch die Gegend und war dabei nicht selten schneller als unserer Touristengruppe.

Mit seinem Schnellboot, das an die 40 km/h schnell war, brausten wir dann in einer Tagesreise den Rio Negro, den Rio Jaú und den Rio Carabinani hinauf, um unsere Hängematten bei zwei Caboclo-Brüdern im Urwald an die Bäume zu knüpfen.

Caboclos leben spartanisch, sehr spartanisch. Geschlafen wird in Hängematten, das Geschäft wird im Wald erledigt und morgens, mittags und abends gibt es Fisch zum Essen.

In den Folgetagen waren verschiedene Foto-Safaris mit dem Boot und zu Fuß geplant. Doch das ist eine andere Geschichte.

Fortsetzung folgt…

2. Dschungelprüfung: Hafen von Manaus

In Manaus treffen die beiden Flüsse Rio Negro und Rio Solimões aufeinander und bilden den Amazonas. Das Wasser der beiden Flüsse ist äußerst unterschiedlich. Der Rio Negro ist, wie sein Name bereits vermuten lässt, fast schwarz und sehr warm. Im Gegensatz dazu ist der Rio Solimões von Sedimenten hellbraun gefärbt und kühl.

Der Reiseführer sagt, den „Encontro das Águas„, wie der Zusammenfluss auf Portugiesisch heißt, zu besuchen, sei das Mindeste, was man als Tourist in Manaus unternehmen müsse. Eine solche Beschreibung ist für mich normalerweise ein Grund dafür, genau dies nicht zu tun. Doch meine Mitreisenden davon zu überzeugen, war aussichtslos.

Die Prüfung lautete also, an einem der Häfen von Manaus ein Boot zu chartern, das uns zu der Stelle auf dem Wasser bringen sollte.

Die Stimmung an Bord des Schiffes des auserwählten Bootsführers war bombig; unter anderem deshalb, weil Sylvia den Preis für seine Dienste von 300 auf 100 Real heruntergehandelt hatte.

Wie zu erwarten war das Schauspiel auch eher unspektakulär:

Um doch noch ein wenig Stimmung in den Tag zu bringen, entschlossen wir uns spontan zu einer Zusatzprüfung: Überlebe die Speisen und Getränke in der Hafenspelunke.

To be continued…

Dschungelcamp

Den Anfang des Berichts über unsere Dschungelcamperfahrungen mit Eva und Peter am Amazonas macht diese schamhafte Sinnpflanze:

Entdeckt haben wir sie auf der Pousada Aldeia Mari-Mari, unserer ersten Unterkunft in der Nähe des Ortes Presidente Figueiredo, ca. 120 km nördlich von Manaus.

Vier Vertreter der Spezies kritische, aber trotzdem mit dem Flugzeug reisende Zeitgenossen haben sich eine Woche in den Dschungel begeben, um auszuloten, wer den Widrigkeiten wilder Vegetation, menschenfressender Raubtiere und unglaublicher Hitze am besten standhalten konnte.

Dass die Challenge nicht einfach werden würde, stellte sich bereits nach kurzer Zeit heraus:

Unsere brasilianischen Mitbewerber konnten wir relativ schnell abschütteln, da sie bereits bei der ersten Touristenattraktion hängengeblieben sind:

Und obwohl wir uns in der Folge von seltsam schmeckender und auf Bäumen wachsender Paprika und orangen Hühnchen ernährten sowie alle Register zogen, um uns gegenseitig auszustechen, sollte sich so schnell kein Sieger herauskristallisieren.

To be continued…

Sonderbares aus Südamerika – heute aus dem Deutschen Bundestag

Am Donnerstag, den 20.10.2016 fand eine ca. halbstündige Aussprache im Deutschen Bundestag zur Absetzung der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff statt. Interessant ist die durchweg gute Informationslage der deutschen Parlamentarier.  Schwierig hinsichtlich des generellen Demokratieverständnisses sehe ich den Beitrag des CDU/CSU-Abgeordneten, der nach sehr verhaltener Kritik an dem Absetzungsverfahren nach vorne schauen möchte, rechtliche Bedenken eher beiseite schiebt und in der jüngsten Kommunalwahl, welche tatsächlich äußerst schlecht für Lulas und Rousseffs Arbeiterpartei ausgegangen ist, eine Bestätigung der Absetzung sieht.

Hier der betreffende Ausschnitt aus der Bundestagssitzung: http://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7020211#url=L21lZGlhdGhla292ZXJsYXk/dmlkZW9pZD03MDIwMjExJm1vZD1tb2Q0NDIzNTY=&mod=mediathek

Mit Ronald Barnabas Schill in der Favela über der Copacabana

Der Mann ist deutschlandweit bekannt geworden als Richter Gnadenlos, Gründer der Partei Rechtstaatlicher Offensive sowie Zweiter Bürgermeister und Innensenator der Stadt Hamburg. Letzteres in einer unsäglichen Koalition mit der CDU und der FDP, die sich beide nicht gescheut haben, mit einer rechten Partei eine Regierung zu bilden, nur um an der Macht zu bleiben. Dann kam der Absturz: Hitler-Herpes, Kokain, Big Brother. Seit 2006 lebt er von seiner Pension als Richter in einer Favela in Rio de Janeiro.

Ich gebe zu, dass ich all dies hauptsächlich erwähne, weil ich in einem Interview aufgeschnappt habe, dass ein reißerischer Titel im Internet darüber entscheidet, wie häufig ein Artikel angeklickt wird. Mit Ronald Schill, den ich persönlich für eine Hanswurst halte, hat der nachfolgende Bericht nur gemeinsam, dass wir für zwei Tage auch in einer Favela oberhalb der Copacabana gewohnt haben, allerdings ca. 3,5 Kilometer Luftlinie entfernt von der Favela, in der Schill residiert.

Favela, das klingt für die meisten erst einmal nach Armut, Drogen und Bandenkriegen. Favelas sind illegal errichtete Stadtviertel, die jedoch zum Teil über eine Infrastruktur wie Wasser- und Abwasseranschlüsse, Strom, Telefon/Internet und Straßen verfügen. Offiziell heißt es, dass die Städteplanung Brasiliens nicht mit dem Wachstum ihrer Städte mithalten konnte. Angesichts der krassen Reichtumsunterschiede in diesem Land kann man das natürlich auch anders sehen: Der reichen Oberschicht ist das Schicksal ihrer minderbemittelten Mitmenschen schlichtweg egal.

Die Favela Babilônia, in der wir untergekommen sind, ist in den steilen Hang hineingebaut. Eine einspurige Straße führt ungefähr bis auf die Hälfte der Höhe. Will man höher hinaus, muss man zu Fuß über schmale Wege und Treppen weitersteigen. Unsere Favela ist eine der ältesten Rios und mittlerweile „befriedet“. Ich habe das Wort in Anführungszeichen gesetzt, weil die Bewohner eine andere Sichtweise auf die Polizeipräsenz haben. Erstens sprechen sie nicht von einer Favela, sondern von einer Comunidade, da sie sich eigene Regeln gegeben haben wie zum Beispiel, dass jemand die Gemeinschaft verlassen muss, wenn er beim Klauen erwischt wird. Zweitens nehmen sie die Anwesenheit der bis unter die Zähne bewaffneten Polizisten als „Militarisierung“ wahr. Zudem wird den Staatsdienern vorgeworfen, korrupt zu sein und Schutzgelder zu erpressen.

Wir waren zu kurz dort, um die Vorwürfe bestätigen zu können. Die Polizisten haben wir eher als freundlich gegenüber uns in Erinnerung behalten, aber wir waren auch deutlich als Touristen erkennbar. Der eigentliche Eindruck war jedoch, dass wir uns sehr sicher fühlten und dass die Comunidade über interessante Bars und Restaurants verfügte, in denen man schnell in den Kontakt mit anderen Menschen kommen konnte. Und der 200 Meter entfernte Strand ist natürlich nicht umsonst weltberühmt.

Zwischendurch etwas Politik

Beitrag aus Amerika21: Brasilien legalisiert Haushaltstricks, die Präsidentin das Amt kosteten.

Wer bisher noch immer glaubt, die Kritik gegen die Absetzung Dilma Rousseffs sei linke Propaganda, kann sich selbst in Leitmedien wie Spiegel Online vom Gegenteil überzeugen: Eine historische Ungerechtigkeit.

Waldspaziergänge mit den Schwiegereltern

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Die nächsten drei Wochen verbringen wir mit Sylvias Eltern. Erste Station war in der Nähe eines Nationalparks nördlich von Rio de Janeiro.

Schön finde ich ja solche Hinweisschilder, die extra für die wilden Tiere angebracht werden…

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… welche sich sehr darüber freuen, dass sie in den Mülltonnen alles finden, was sie brauchen.

Hundeurlaub und George, der klavierspielende Bananenernter

Ein paar Tage haben wir in der Nähe von Nova Friburgo verbracht, eine von Schweizern gegründete Stadt nordöstlich von Rio de Janeiro. Eine ehemalige Nachbarin aus unserem Condominio in Brasilia hat ihr Haus dort für uns zur Verfügung gestellt.

Der Hund fand’s super.

Einen ganzen Nachmittag haben wir mit George verbracht, einem Klavierstimmer und Restaurator aus New York, der sich in dem Tal ein Grundstück gekauft hat. In der Nähe vom Meer gibt es keinen Cerrado mehr. Die Vegetation nennt sich in dieser Gegend Mata Atlantica. Berge wie in den deutschen Voralpen, kühle Meeresluft und hohe Bäume erinnern sehr an die Heimat, außer, dass überall Bananen wachsen.