Brazil, where hearts were entertaining june

Sylvia und ich gehen durch die Savanne spazieren. Die Sonne brennt heiß und trocken. Faz muito calor. Da fällt mir das Lied ein, dessen Text ich Ende 2014 auswendig gelernt habe und das ich immer wieder morgens laut in meinen Helm schmetterte, während ich bei Minusgraden mit dem Motorrad zur Arbeit fuhr.

Ich fange an zu singen:
Brazil, where hearts were entertaining june
We stood beneath an amber moon
And softly murmured „someday soon“…

Sylvia breitet die Arme in Richtung des vertrocknenden Grases aus und fragt mich, ob ich mir Brasilien so vorgestellt habe.

Nein, sage ich. Ich habe mir gar nichts vorgestellt. Das ist meine Lehre aus unserer Reise nach Kirgistan: Es wird sowieso alles ganz anders, als man sich es vorstellt. Wenn man sich nichts vorstellt, kann man auch nicht enttäuscht werden, sondern nur überrascht werden.

Mission erfüllt

Ein 5-stündiger Ausflug im Cerrado mit Abenteuereinlage.

Entdeckungsreise durch den Cerrado

„Cerrado“ nennen die Brasilianer die von der Sonne verstrahlte und vom Regen ausgewaschene Hochebene Südamerikas, in deren Mitte der Plano Piloto thront. Cerrado heißt übersetzt Savanne und wird ausgesprochen – na, wer weiß es noch? – wie „Sehado“. Wikipedia sagt, Savanne sei ein Sammelbegriff für die Vegetationszone zwischen dem tropischen Regenwald und der Wüste. Der Vegetationstyp sei geprägt durch eine geschlossenen Krautschicht und eine eher offene Gehölzschicht, hervorgerufen durch die jahreszeitlich bedingten starken Niederschlagsunterschiede. Damit ist die Gegend hier rund um Brasilia ganz gut beschrieben. Der Unterschied zur „Gegend“ Eifel liegt in der Dimension: Der Cerrado umfasst ein Gebiet von der Größe Alaskas, wie das nachfolgende Bild anschaulich veranschaulichen soll.

Cerrado

Das bedeutet, dass ich Richtung Norden, Süden und Westen jeweils mindestens 1.000 km fahren muss, um der Savanne zu entkommen. Lediglich Richtung Osten sind es nur schlappe 500 km. Doch was erwartet mich dort? Im Nordwesten Regenwald, schwüle Hitze und Mücken so groß wie Tennisbälle. Richtung Osten und Süden stapeln sich die Menschen in Megametropolen. Bleiben „nur“ die weißen Strände im Nordosten sowie der Fluchtweg Richtung Anden. Beides ist ganz schön weit und will geplant sein. Bis dahin muss ich mit der Exploration des Cerrado vorlieb nehmen.

Mehr zum Cerrado kann man bei Wikipedia nachlesen. Ich habe keine Lust, das alles abzutippen. Eine Anmerkung zum Wikipedia-Artikel: Unter Autobahnen verstehe ich mindestens vierspurige Straßen, auf denen keine Fußgänger herumlaufen und auf denen man auch nicht wenden kann. So gesehen gibt es in und um Brasilia keine Autobahnen, sondern nur Landstraßen und Schnellstraßen, die teilweise – insbesondere im Stadtinneren – mehrspurig ausgebaut sind.

Im Wikipedia-Artikel wird auch erwähnt, dass nur ein Prozent der Fläche des Cerrados unter Naturschutz steht. Unser Condominio liegt genau an der Grenze des Schutzgebietes „Área de Proteção Ambiental do Rio São Bartolomeu“. Das bedeutet wiederum, dass man nicht 1.000 km fahren muss, um den Cerrado zu entdecken, sondern ihn direkt vor unserer Haustüre zu Fuß entdecken kann. Irre, oder? Vom Pool direkt auf Safari!

Das ist übrigens der Rio São Bartolomeu:

Rio Sao Bartholomeu

Oben links im Bild erkennt man ein Stahlkabel und ein Führungsseil, welche über den Fluss gespannt sind. Dazu dann nächste Woche mehr, wenn mein Plan aufgeht…

So, jetzt noch eine schicke Galerie mit schönen Bildern, auf denen auch meine Mitentdecker Joyce und Fabio sowie Hunde, Hunde, Hunde zu sehen sind.

So einen Vorgarten habe ich mir schon immer gewünscht

Ich liebe die Seca! „Seca“ – so nennen die Brasilianer die Trockenzeit. Der letzte Regen ist vor genau 12 Tagen gefallen. Die Luft ist deutlich trockener geworden, und es weht beständig ein leichter Wind. Die Temperaturen pendeln zwischen 17 Grad nachts und 24 Grad tagsüber. Die Leute hier sagen, es sei kühl, und sie tragen lange Ärmel und Hosen und ziehen sich sogar Strickjacken darüber an. Für Menschen wie Sylvia und mich, die zwei Jahre in der Eifel gelebt haben, ist hier jedoch jeder Tag ein astreiner Sommertag.

Gestern Abend sind wir mit Zelt und Schlafsäcken losgewandert und haben auf einer Anhöhe übernachtet.

Die Bilder und das Video können die Morgenstimmung nur annähernd wiedergeben. Die leichte Realitätsdämpfung in meiner Wahrnehmung, hervorgerufen durch ein wenig zu viel Cachaça am Vorabend, ist nur schwer einzufangen.

Einmal quer durch die Hauptstadt Brasiliens

Ein kleines Filmchen über die Nöte eines Baumarktabhängigen in der Hauptstadt Brasiliens. Während sich bei uns mittlerweile quasi an jeder Ecke ein Supermarkt für Hobbyschrauber manifestiert hat, muss man hier etwas Zeit und Geduld mitbringen, um zum lokalen Werkzeugdealer zu kommen.

Die Fahrt geht über die JK-Brücke und die Hauptachse des Plano Piloto.

Route

Mithilfe modernster Technologie konnte ich die Fahrtzeit von 52 Minuten auf genau ein Sechszehntel reduzieren, damit beim Betrachten keine Langeweile aufkommt.

400 km für eine Erkenntis

Am Samstag machten wir uns auf die Suche nach einem Kletterfelsen im Südosten von Brasilia kurz vor der Stadt Unai. Zu Beginn tätigten wir noch einen stilvollen Einkauf in unserem Stammsupermarkt „Das heilige Glücklichsein“.

KaufmannAutomann

Auf endlos lang wirkenden Straßen, die uns an Südrussland und Kasachstan erinnerten, ging es vorbei an riesigen landwirtschaftlichen Produktionsstätten.

Highway02Highway01 GrossgrundKornkammer

Nach 150 Kilometern wurden die Landschaft hügeliger und die Straßen kurviger.

Highway03

Die letzten Kilometer zu dem Felsen erfolgten auf einer Nebenstraße, für die unser Auto gebaut war. Nur ein Subaru Impreza oder ein Mitsubishi Evo könnten hier mithalten. Auf dem Film erkennt man das Problem für Autoreisende in Brasilien: Alle Nebenstraßen führen zu einer Fazenda, das heißt entlang eingezäunter Felder zu einer Barriere.

Der Fels an sich war sehr beeindruckend. Man konnte eindeutig erkennen, dass er extra für die Kletterei erschaffen wurde.

Bigrock01Bigrock03

Schön und gut, doch die Vegetation vor dem Felsen war so dicht, dass wir noch nicht einmal bis zum Felsen vordringen konnten. Dafür war das Dickicht sehr beeindruckend.

Baumgegenfels01Baumgegenfels02

Hinzu kamen die üblichen Brasilienprobleme: viel zu heiß, überall Mücken und alles eingezäunt. Zumindest nutzten wir die Szenerie für ein paar schicke Autobilder.

DasrichtigeAutofuerdieseStrassen01DasrichtigeAutofuerdieseStrassen02

Da es schon 16.00 Uhr war, beschlossen wir einen Nachtplatz zu suchen. Um Punkt 18.00 Uhr macht hier einer jeden Tag das Licht aus. Die Umsetzung dieses Vorhabens war jedoch aufgrund oben genannter Problematik der Zäune und Barrieren schwieriger als gedacht.

Wir übernachteten an einem See auf einem Umweg zurück nach Brasilia. Auf dem Weg dorthin änderte sich der Straßenbelag von Asphalt zu Lehm.

VonnunanlehmGutereise

Aufgrund der Mückenproblematik verließen wir unseren Nachtplatz in der Morgendämmerung eher fluchtartig. Jetzt wissen wir wenigstens, wie wir den Wagen verbessern müssen: Moskitonetze für die Fenster!

Nach 5 im Urwald

Abendstimmung auf der Hunderunde…

Mein erstes sonderbares Erlebnis

Mein erster Versuch einer Probefahrt im Gelände sollte zu der Fazenda (Bauernhof) führen, die 2 km hinter unserem Haus liegt und zu der wir bereits einige Male zu Fuß gegangen sind. Da das hintere Tor, durch das wir hierfür immer unser Condominio verlassen, für Autos gesperrt ist, musste ich einen riesigen Umweg fahren, um dann wieder vor einer verschlossenen Einfahrt weit vor der Fazenda zu landen.

Statt zum Condominio zurückzukehren, fuhr ich noch ein Stück weiter, um vielleicht eine offene Einfahrt in einen Feldweg zu finden. Ich kam durch eine sehr heruntergekommene Siedlung, an deren Ende ein Feldweg steil bergauf führte. Um hinaufzukommen, benötigte ich den Allradantrieb und die Geländeuntersetzung. Das klappte schon mal prima!

Oben angekommen parkte ich den Wagen, da der Hund neben mir dringend sein Gedärm entleeren musste. Ich folgte einige 100 Meter einem Pfad bergab und gelangte auf eine Kiesstraße.

Parken im NirgendwoWeg ins Ungewisse

Als ich gerade auf der anderen Seite der Straße einen steilen Weg hinaufging, fuhr ein Auto mit zwei jungen Männern vorbei, hielt, wendete und blieb direkt unterhalb des Anstiegs stehen. Einer der beiden stieg aus und folgte mir. Sofort spielte meine Phantasie mir die wildesten Filme vor. Zügig erklomm ich den Hügel und lief einige 100 Meter entlang des Pfades über einen mit hohem Gras und Sträuchern bewachsenen Grad. Ich dachte an die Kamera, mein Mobiltelefon und meine Geldbörse mit einigen 100 Reals darin. So schnell würde ich mein Hab und Gut nicht preisgeben. In sicherer Entfernung wartete ich eine Viertelstunde und ging dann vorsichtig zurück.

Aus ca. 200 Metern konnte ich sehen, dass einer der Männer auf dem Hügel nach dem ersten Anstieg stand und wartete – ohne einen ersichtlichen Grund, außer auf mich zu warten. Ich entschloss mich, den Hügel durch das Dickicht zu umlaufen. Nach dem schweißtreibenden Abstieg gelangte ich auf die Kiesstraße, folgte ihr ein Stück und bog an der Stelle, wo die beiden Männer mit ihrem Auto gehalten hatten, auf den Weg zu meinem Auto ab. Als ich mich dem Ort näherte, an dem ich geparkt hatte, sah ich undeutlich aus der Entfernung zwei Männer. Wieso zwei Männer, fragte ich mich. Einer war doch noch auf dem Hügel, der jetzt hinter mir lag. Und wieso waren sie bewaffnet. Dann erkannte ich den Polizeiwagen, der neben meinem Auto stand. Es gibt nur wenige Situationen, in denen ich erleichtert bin, der Polizei zu begegnen. Diese war so eine.

Ich ging auf die Beamten zu und wünschte einen guten Tag. Sie fragten mich, ob der Wagen mir gehörte. Ich bestätigte und fragte im Gegenzug, ob es ein Problem gäbe. „Nein, nein“, sagten sie. Sie hätten nur ein Auge auf die Gegend hier und ihnen wäre der Wagen aufgefallen. Sie warteten, bis ich eingestiegen war und den Motor gestartet hatte, und fuhren dann mit ihrem geländetauglichen Polizeigefährt vor mir den Hügel hinab.

Im Nachhinein weiß ich nicht, was sonderbarer war. Das Verhalten der beiden jungen Männer, meine Phantasie oder die freundlichen Polizisten, die noch nicht einmal meine Papiere sehen wollten.

Dschungelcamp

Bevor ich mich zu sehr an den Dschungel hinter unserer Haustüre gewöhne, noch ein paar Impressionen von unseren Hundespaziergängen:

AmazonasAmazonasquelleLandschaftRichard Francis BurtonMaulwurfshuegelHome

Das letzte Bild zeigt die Häuser des Condominios, in dem wir wohnen.

Besonders spannend sind die Begegnungen mit der lokalen Fauna:

Zu Sylvias Geburtstag hat sich die Fauna ein besonderes Geschenk für sie ausgedacht und sie mit Verdacht auf Denguefieber in diverse Notaufnahmen geschickt:

Notaufnahme01Notaufnahme02

War aber Fehlalarm. Nur ein Geburtstags-Magen-Darmvirus.

Bizarro-Eifel

Die Eifel in Südamerika liegt östlich von Brasiliens Hauptstadt, direkt hinter unserer Haustür. Erodierte bewaldete Täler wechseln sich mit Freiflächen auf den Höhen ab.

Das Rurtal verblüfft mit seinem abwechslungsreichen Landschaftsprofil.

Rurtal

Die Kall windet sich durch das Dickicht.

Kall

Der südamerikanische Klatschmohn sprießt am Wegesrand.

Suedamerikanischer Klatschmohn

Nur die Äpfel sind ein wenig größer als in der Heimat.

Amazonasapfel