Ein Jahr Brasilien

Jetzt ist genau ein Jahr herum. Ein Jahr in der Fremde, ein Jahr Freiheit, ein Jahr Selbstbestimmtheit.

Als ich ankam, wusste ich so gut wie nichts über das, was mich erwartete. Doch ich hatte Ziele. Ich wollte möglichst schnell Portugiesisch lernen, Bücher schreiben und reisen. Außerdem wollte ich vom Arbeitsstress runterkommen.

Und jetzt

Die ersten drei Monate habe ich eigentlich nur Portugiesisch gelernt, ein Auto gekauft und den Cerrado hinter unserem Condominio erkundet. Das Erlernen der Sprache habe ich mir deutlich einfacher vorgestellt. Zuerst habe ich einen Online-Kurs bei busuu.com gemacht. Wenn es nach den ganzen Zertifikaten geht, die mir dort automatisiert erstellt wurden, wäre ich damals schon „Fortgeschrittener“ gewesen. Tatsache war aber, dass ich nicht einen portugiesischen Satz gerade heraussprechen konnte, und verstanden habe ich immer nur Bahnhof, wenn Brasilianer in ihrer Muttersprache mit mir geredet haben. Fazit: Die Online-Lernplattformen versprechen mehr, als sie halten können. Die Didaktik ist viel zu simpel und nicht logisch aufgebaut. Dann habe ich einen Anfängerkurs mit fünf anderen Leuten in Brasilia gemacht. Das war schon ein wenig besser, jedoch hat mich die Fahrerei in die Stadt genervt. Je nach Verkehr braucht man zwischen einer halben und einer ganzen Stunde für eine Richtung. Was wirklich hilft, sind die regelmäßigen Sprachstunden, die ich mit einer brasilianischen Nachbarin mache sowie die regelmäßigen Hundesparziergänge mit einem weiteren brasilianischen Nachbarn. Nun, nach einem Jahr, kann ich mich mittlerweile ganz gut verständigen, und ich verstehe auch hin und wieder einen Satz, wenn mich Brasilianer ansprechen.

Nach den ersten drei Monaten kamen weitere drei Monate der Recherche für eine Science Fiction-Geschichte. Das war eine spannende und sehr erhellende Zeit. Die Ergebnisse habe ich in Aufsätzen festgehalten, die man hier finden kann. Mir ist klar geworden, dass mein Kindheitstraum, zu den Sternen zu fliegen, selbst in der Literatur kaum einen Sinn macht. Wir Menschen werden wahrscheinlich niemals zu anderen Sternen reisen. Auch nach einem Jahrhundert Forschung ist seit Entdeckung der kosmischen Höchstgeschwindigkeit von 300.000 km/s nicht einmal ansatzweise eine physikalisch machbare Lösung in Sicht, um schneller als Lichtgeschwindigkeit zu reisen. Die Wesen, die nach uns kommen und die von uns konstruiert werden, haben vielleicht eine bessere Chance, mit den langen Reisezeiten, die eher Jahrtausende andauern werden, klarzukommen. Doch diese Wesen werden sich von uns unterscheiden. Meine Phantasie reicht im Augenblick leider nicht aus, mir sie vorstellen zu können. Ich weiß auch nicht, ob sie überhaupt spannende Geschichten erleben werden. Daher habe ich mich mit den derzeitigen Schlüsseltechnologien und der näheren Zukunft beschäftigt. Dabei habe ich festgestellt, dass wir in der wahrscheinlich spannendsten Zeit der Menschheitsgeschichte leben. Das irrsinnige Bevölkerungswachstum, das jetzt seit einem Jahrhundert andauert und nach heutigen Kenntnissen noch ein weiteres Jahrhundert anhält, verändert die Welt so rasant, dass einem schwindelig werden kann.

Bei der Recherche sind mir gleich mehrere Ideen für spannende Science Fiction-Geschichten eingefallen. Die erste und aus meiner Sicht einfachste Geschichte habe ich bereits im September letzten Jahres angefangen. Ich wurde jedoch unterbrochen von zwei Reisen durch Brasilien und nach Bolivien. Die Reisen waren eher anstrengend und nervenaufreibend statt erholsam. Ich habe die Entfernungen und die Straßenverhältnisse auf diesem Kontinent einfach unterschätzt. Für die 3.000 Kilometer von Brasilia nach La Paz in Bolivien habe ich sieben Tage benötigt, und dabei bin ich immer von Tagesanfang bis Ende gefahren. Die Reisen waren eher hektische Aktionen, die ich so nicht wieder machen werde.

Die Reiseeindrücke konnte ich jedoch prima in meine Geschichte einbauen, die ich dann von Dezember bis Ende Februar geschrieben habe. Es sollte eigentlich eine Kurzgeschichte von maximal 40 Seiten werden. Sie ist dann doch 140 Seiten lang geworden. Seit Anfang März bin ich dabei, die Geschichte ins Englische zu übersetzen. Derzeit bin ich auf Seite 75 angekommen.

Ameisen vs Termiten

Der Cerrado ist voll von Ameisen und Termiten. Seit einem Jahr frage ich mich, ob es auch zu Auseinandersetzungen in diesem Mikrokosmos gibt. Die Bilder beantworten diese Frage. Die Termiten werden von den Ameisen regelrecht geerntet.

Neulich beim Portugiesisch-Unterricht

Seit einiger Zeit treffe ich mich zweimal pro Woche mit unserer Nachbarin Irene, um beim Wandern durch den Cerrado mein Portugiesisch zu verbessern. Der Name Irene klingt zwar urdeutsch, sie ist aber durch und durch Brasilianerin.

Heute haben wir zufällig eine Kolonie von Raupen am Fuße eines Baumes entdeckt.

Der Name dieser süßen Krabbeltierchen lautet „Taturana gatinho“. Wenn man mit ihnen in Berührung kommt, sind sie jedoch gar nicht mehr so süß. Ihr Gift kann Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Lymphknotenschwellungen und in einigen Fällen auch Atemnot oder einen Schlaganfall zur Folge haben.

Lasiodora parahybana

Oder auch „Brasilianische Riesenvogelspinne“. Kommt eigentlich eher an der Ostküste Brasiliens vor.

Wenn man so gut wie nichts über Vogelspinnen weiß, dann begegnet man ihnen in freier Wildbahn mit gehörigem Respekt. Vor allem, wenn sie nicht vor einem fliehen, sondern sich aufstellen und selbstbewusst drohen.

Doch sämtliche Vogelspinnenarten sind für den Menschen ungefährlich. Ihr Biss kann zwar schmerzhaft sein, da die Beißklauen eine Länge von 12 Millimetern erreichen können, doch er ist ungiftig. Die Brasilianische Riesenvogelspinne besitzt zudem über Brennhaare, die sie abwerfen kann und die einen starken Juckreiz hervorrufen können.

Mehr: http://www.vogelspinnen-info.de/lasiodora-parahybana/

Nachtfalter XL

Falter

Selbst nach fast einem Jahr werden wir immer wieder von der Größe der Insektenwelt in Brasilien überrascht. Gestern Abend hörte ich lautes Flattern in dem geschlossenen Treppenhaus, das in unseren Garten führt. Das Tier, das sich dorthin verirrt hatte, hatte die Größe einer Fledermaus. Mit einem Netz holte ich es vorsichtig von der Decke und brachte es ins Freie. Bis zum Schluss war ich davon überzeugt, eine Fledermaus vor mir zu haben. Erst nach näherem Hinsehen wurde klar, dass es sich um ein Insekt handelte.

Suchbild

Widerspruch

Irgendetwas an diesem Bild ist äußerst widersprüchlich. Könnt ihr mir folgen?

Eifelwetter

Nebel, Nieselregen und Eifelwetter bei 25 Grad.

Seit Anfang Januar lässt sich die Sonne kaum noch blicken. Die relative Luftfeuchtigkeit liegt bei 80 Prozent, und da die Temperaturen relativ hoch sind, ist auch die absolute Menge des in der Luft gebundenen Wassers sehr hoch. Den Schimmel freut’s. Auch die Mücken fühlen sich in diesem Klima pudelwohl. Die Wetterlage ist typisch für die Regenzeit und bleibt nach den Aussagen meiner brasilianischen Nachbarn und Wanderkollegen für einen Monat stabil. Dann nimmt die ständige Bewölkung wieder ab und die Sonne scheint regelmäßig.

Die vielen Niederschläge verändern auch die Wasserläufe dramatisch. Rinnsale, die in der Trockenzeit komplett austrocknen, mutieren zu Hindernissen, die für Kleintiere bereits ein Problem darstellen.

Dinner for One

Ich wollte schon immer wissen, wie ein Engländer auf „Dinner for One“ reagiert. Mein letztes Silvester habe ich mit einem Engländer verbracht. Nicht mit irgendeinem, sondern mit unserem Nachbarn Jamie – ein Typ, als käme er aus einem Guy Ritchie-Film.

Jamie

Die Frage ist nun:

  1. Lacht er sich kaputt?
  2. Findet er die Sendung langweilig?
  3. Erkennt er seinen Großvater in dem Darsteller, der den Butler James spielt, und tanzt er dann auf dem Tisch, weil er erst jetzt erfährt, dass sein Großvater seit Jahrzehnten eine Berühmtheit in Deutschland ist?

Regenzeit

Vor ein paar Wochen noch, als die Regenzeit begann, waren die Gewässer friedlich und pittoresk.

Jetzt regnet es täglich an die 40 mm. Das sind 40 Liter pro Quadratmeter. Und das immer innerhalb von ein bis zwei Stunden. Die Folgen sehen dann so aus:

The Making of…

Bei der Recherche zu der Geschichte „Ein Versicherungsfall“ bin ich immer wieder über interessante und kuriose Quellen gestolpert.

Zur Machbarkeit eines Weltraumaufzuges fand ich zum Beispiel diesen Bericht über eine von der NASA finanzierte Studie, in der bis auf Detailebene die Konstruktion eines Aufzuges in den Erdorbit beschrieben wird: http://www.niac.usra.edu/files/studies/final_report/521Edwards.pdf.

Zur potentiellen Gefahr von Kohlenstoffnanoröhren für die menschliche Gesundheit stieß ich auf diese Quelle: http://www.nzz.ch/nanoroehrchen-asbest-lungen-1.3925425.

Eine Beschreibung des sich im Bau befindlichen Belo-Monte-Wasserkraftwerkes befindet sich hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Belo-Monte-Wasserkraftwerk.

Die immense Größe und die Auswirkungen dieses Bauwerks, das mit seinen 11 Gigawatt Energie für den weltweit größten Eisenerzabbau im 500 Kilometer weiter südlich gelegenen Carajás liefern soll, wird jedoch erst deutlich, wenn man sich die Bilder dazu ansieht. Hier eine Darstellung, wie der Rio Xingu für die Energieerzeugung umgeleitet wird.

Hinter dem Belo-Monte-Staudamm sowie dem Eisenerzabbau in Carajás steht das Unternehmen Vale, eines der drei größten Bergbauunternehmen der Welt sowie der größte Eisenerzexporteur der Welt. Vale ist übrigens auch mitverantwortlich für die Umweltkatastrophe am Rio Doce, auch wenn das Unternehmen vehement versucht, sich aus der Affäre zu ziehen.

Absolut geflasht war ich jedoch von diesen Amateuraufnahmen von Kontakten mit in Isolation lebenden Indios im brasilianischen Bundesstaat Acre:

Eines ist mir dabei klargeworden: Man muss nicht zu fernen Sternen reisen, um fremdes intelligentes Leben kennenzulernen. Ich habe mir die Videos mehrmals angesehen, um die Gestik der Indios zu verstehen. Ich denke, man muss kein Anthropologe sein, um zu erkennen, dass die Indios aufgeregt sind. Ihr Verhalten ist eine Mixtur aus Neugier und Drohung. Große Interesse zeigen die Nativen an Kleidung und Waffen. Zugleich drohen sie, indem sie mit ihren Speeren und Macheten hantieren.

Leider kann ich diese Rechercheergebnisse nicht verwenden. Die Indios in meiner Geschichte sind bereits mit Menschen in Kontakt gekommen.

Völlig off topic, dafür aber äußerst spektakulär, ist die Pororoca, eine Flutwelle, die bis zu 800 Kilometer den Amazonas flussaufwärts durchläuft. Und natürlich kann man darauf surfen: https://www.youtube.com/watch?v=uyNcqrSaPVo.