Diese Reise ist noch ein ganzes Stück weiter davon entfernt, erholsam zu sein, als der Ausflug in den Nordosten Brasiliens.
Da ist zunächst einmal die Höhe. La Paz, der Titicacasee, der Salar de Uyuni: Das alles liegt knapp unter 4.000 Höhenmetern. Bei den Fahrten durch das bolivianische Hochland gelangt man nie unter 3.600 Meter, im Gegenteil, man kreuzt mitunter Pässe, die auf über 4.500 Meter führen. Man sagt, der Körper würde sich mit der Zeit an die Höhe gewöhnen. Das ist eine Mär. In Wirklichkeit gewöhnt man sich an die Kopfschmerzen, die Atemnot, die geschwollenen Schleimhäute und den ständigen Durst. Die Höhenkrankheit trifft also nicht nur einige wenige Menschen, sondern bis auf die genetisch angepassten Tibetaner alle, auch die indigenen Völker Südamerikas. Die Folgen: Katja und Sylvia schmeißen die ganze Zeit Tabletten, und ich werde süchtig von Nasivin. Zudem müssen wir ständig pullern wie die Sextaner.
Selbst in der Nähe des Äquators wird es auf 4.000 Höhenmetern nachts empfindlich kalt. Wir campen mindestens jede zweite Nacht. Das bedeutet, die Abende sind kurz, die Nächte frostig und das Aufstehen bedarf Überwindung. Während im Norden Boliviens in dieser Jahreszeit noch Regen, Hagel und Schnee dazukommen, scheint im Süden des Landes tagsüber noch regelmäßig die Sonne und beschert uns immerhin fast T-Shirt-Wärme.
Die Entfernungen haben wir komplett unterschätzt. 1.500 Kilometer in zwei Wochen auf Landstraßen zu fahren, die teilweise nicht geteert sind, bedeutet, dass man fast jeden Tag unterwegs ist. Für Erholung bleibt dabei nicht viel Zeit.
Die Schotter- und Erdpisten zerstören auf Dauer unser Auto. Wir haben das hintere Gummi verloren, das den Auspuff am Wagen hält. Die improvisierte Notlösung aus Schlauchschellen und Kabelbindern hält das Rohr zwar in Position, macht aber bei jedem Schlagloch und bei jeder Bodenwelle ein fieses metallisches Geräusch. Zudem funktioniert der Motor der Heckscheibe nur noch sporadisch, wir können die Heckklappe also nur noch öffnen, wenn der Gott der Fensterheber uns wohlgesonnen ist. Die Alternativlösung, das Be- und Entladen von innen, ist umständlich und kräftezehrend.
Am Ende steht noch unser enger Zeitplan der Erholung entgegen. Sylvia muss am Sonntag, den 08. November von Santa Cruz zurück nach Brasilia fliegen, und Katja muss ihren Rückflug am Samstag, den 16. November von Brasilia aus antreten. Für Katja und mich liegen zwischen Santa Cruz und Brasilia noch circa 2.000 Kilometer, davon 600 Kilometer Schotterstrecke bis zur Grenze. Wenn alles gut geht, schaffen wir das in vier Tagen.
All diese Faktoren lassen die Stimmung nicht sonderlich in die Höhe steigen. Besonders ich bin mit den Nerven ziemlich runter. Die viele Fahrerei bereits im Vorfeld sowie die Sorge um das Auto lassen mich in einer anderen Dimension reisen. Ich bin jetzt bei circa 12.000 Kilometern in acht Wochen auf zum Teil sehr schlechten Straßen angelangt. So etwas mache ich nieeeeeee wieder.